Eva Mahn Berlin . Wiedersehen

Berlin . Wiedersehen

Wie gebannt saß ich vor dem Fernseher. Ich ging nicht zur Arbeit, als die Mauer fiel, wartete, bis meine Tochter aus der Schule kam, steckte sie in den Trabbi und fuhr mit ihr nach Berlin. An der Oberbaumbrücke stellten wir das Auto auf einem überfüllten Parkplatz ab, und das will etwas heißen, bei den wenigen Autos in der DDR. Während wir in der Schlange langsam zum Kontrollpunkt vorrückten, wurde der Zaun am Grenzübergang von den Menschenmassen eingedrückt und die Lawine ergoss sich ungebremst gen Westen. Das Wiedersehen mit Miras Vater war herzzerreißend, aber das Urvertrauen in unsere Zusammengehörigkeit war beschädigt. Ich hatte gewusst, dass er geht. Wir waren, aus Angst, abgehört zu werden, aufs freie Feld gefahren, um alles zu besprechen. Aber meiner Tochter konnten wir nichts sagen, sie hätte es ausgeplaudert. Sie war tief getroffen, dass er sich von ihr nicht verabschiedet hatte. Wir blieben über Nacht und feierten mit Freunden, nicht auf der Straße. Als wir zurückfahren wollten, waren die Reifen unseres Trabis zerstochen. Es waren nicht die einzigen. Eine letzte Machtdemonstration?