Ursula Edelmann Frankfurt/Main . Museumsuferfest

Frankfurt/Main . Museumsuferfest

Sicher haben wir, damit meine ich meine Familie, sehr genau verfolgt, was bei Ihnen passierte, aber wohl nicht wirklich geglaubt, dass die Sache gut ausgehen würde, im September 1989. Also, diese meine Fotos sind weit ab vom Geschehen entstanden, gingen aber in eine Zeit zurück, die wir nur aus Bildern und der Kunstgeschichte kennen.
Frankfurt am Main. Museumsuferfest am 2. und 3. September 1989: Städel Museum, Mainseite, Eingangstreppe: Die Anziehungskraft der Kunst. Modenschau der Galerie Stoff & Stein vor den Gemälden aus dem Museum, links: Auguste Renoir (1841–1919): Am Ende des Frühstücks (La fin du déjeuner), 1879 und rechts: Ernst Ludwig Kirchner (1880–1938): Zwei ­Frauen mit Waschbecken, Berlin 1913.


Modenschau nach Bildern im Städel
Das Städelsche Kunstinstitut bot ganz Verschiedenes vor seinen Toren: Ringsherum am Zaun spannte sich eine lange Malwand, an der Kinder eifrig pinselten. Ob abstrakt als freies Farben­zusammenrühren oder konkret als Elefant mit Schleife – die Kleinen schienen ihren Spaß zu haben. Für die älteren Herrschaften spielte das Odeon Tanzorchester „Kann denn Liebe Sünde sein?“ und „Für eine Nacht voller Seligkeit“. Die Hits aus den zwanziger und dreißiger Jahren fanden ein großes Publikum. Den Kontrast zu den eher verträumten Melodien setzte ein Feuertänzer in rot und schwarz, der beides, flammendes Schwert und Partnerin, akrobatisch in der Luft herumwirbelte. Ein ganz anderes Schauspiel bot sich auf der Eingangstreppe zum Städel. Dort waren verschiedene Bilder aufgestellt. Was zunächst wie eine Auktion aussah, war „Die Anziehungskraft der Kunst“ betitelt und entpuppte sich als Modeschau ganz besonderer Art. Was trug die Dame von Welt im 16. Jahrhundert? Die Dame mit Hündchen von Jacopo Carucci da Pontormo zeigt es im Städel. Ein Modell bewegte sich elegant im langen roten Abendkleid die Treppe herunter – die moderne Frau trug die Robe genauso würdevoll wie ihre Doppel­gängerin vor 450 Jahren. Reihum hatten Bilder von Kirchner, Renoir, Hodler oder alten Meistern wie Holbein für die Modelle Pate gestanden, die Galerie Stoff & Stein hatte die ‚Vorbilder‘ in Stoff umgesetzt. Die Idee, sich von den Bildern aus dem Städel modisch inspirieren zu lassen, stieß auf große Resonanz. (Aus: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 04.09.1989)